Wer Facilitation gedanklich auf Meeting-Moderation oder Großgruppen beschränkt, kann seinem Denken jetzt ein Upgrade gönnen. In den gängigen Organisationstheorien, von systemisch, konstruktivistisch bis integral, geht es niemals nur um Beteiligung und Dialog um ihrer selbst willen. Vielmehr geht es darum, die Aufbau- und Ablauforganisation sowie den handelnden Personen mit den Zielen der Organisation und den Anforderungen der Märkte in Einklang zu bringen. Wir haben uns auf den diesjährigen Lotsentagen unter dem Motto „Systemtheorie trifft auf Facilitation“ mit Judith Muster und weiteren Kolleginnen und Kollegen von Metaplan getroffen. Dies ist unser Bericht.
Interaktionsgestaltung und Organisationsdesign
„Ihr macht doch auch Interaktionsgestaltung und Organisationsdesign!“ höre ich die Stimme am anderen Ende sagen. „Ja, genau!“ antworte ich. Und zugleich denke ich: „Ach ja, so könnte man das auch nennen!“ So begann meine Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung zu den Kolleginnen und Kollegen von Metaplan. Ich sprach mit
Lars Gaede, er ist Partner bei Metaplan und Co-Gründer der Brandeins-Konferenz
Work Awesome.
Seit rund 25 Jahren arbeiten wir
Kommunikationslotsen an der Schnittstelle zwischen Organisationsberatung und Facilitation. Wir organisieren Beteiligung und kollektive Intelligenz für komplexe Fragen und Entscheidungen in Organisationen. Das können Wirtschaftsunternehmen, wie Konzerne und Mittelständler sein oder auch Kliniken, Schulen oder Behörden. Immer dann, wenn Menschen etwas miteinander machen, stellt sich die erfolgskritische Frage, ob sich das Kollektiv in Richtung „Kollektive Dummheit“ oder in Richtung „Kollektive Weisheit“ bewegt.
Menschen sind Mitglieder
Bei Metaplan gibt es getreu der Luhmanschen Systemtheorie gar keine Menschen in Organisationen, denn Organisationen bestehen aus Kommunikation – nicht aus Menschen. Und: Menschen sind schon irgendwie dabei, aber eher als Medium oder Umwelt. Systemtheoretisch ausgedrückt sind die Menschen Mitglieder (der Organisation). Das kann man alles erklären und es ist auch plausibel – auch wenn es offenbar in einigen Ohren etwas bitter nachhallt. Haben wir gerade erlebt. Auf den Lotsentagen. Und zugleich bin ich, sind wir Lotsen, heilfroh, dass wir dieser Auseinandersetzung nun in so einem Forum endlich mal etwas mehr Raum geben konnten. Dazu gibt es weiter unten Einladung. Aber zunächst kurz zurück zur Sache.
„Ohne Theorie ist man nur aus Zufall gut!“
Eine solide Organisationstheorie hilft Phänomenen eine Sprache zu geben und Dinge zu sehen, die man ohne Theorie-Brille nicht erkennen würde. „Ohne Theorie ist man nur aus Zufall gut!“ höre ich den System- und Metatheoretiker
Klaus Eidenschink, sagen. Aus Zufall gut sein?! Nein, das will ich nicht. Daher also mal wieder rein in die Organisationstheorie! Da wir mit Facilitation als dialog-orientierte Organisations- und Prozessberatung gelten, haben wir schonmal das generelle „Wie“ im Gepäck. Und selbstverständlich haben wir unseren Klienten ja auch bisher mit einem systemischen Blick bei strukturellen und organisationalen Fragestellungen helfen können. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die gesamte Szene der systemischen Beratung seit geraumer Zeit von einem neuen, systemtheoretischen Zurückvergewisserungs-Movement erfasst wird. Und das finde ich gut. Die systemische, soziologische Organisationstheorie erscheint mir klarer, robuster und ursprünglicher zu sein als Vieles, was mir in den letzten 25 Jahren mit dem Adjektiv „systemisch“ untergekommen ist.
Eine Theorie will niemandem gefallen
Die klaren Aussagen einer Theorie, die niemandem gefallen will und die sich auch nicht verkaufen will, tun einfach gut. Wenn künftig organisationskluge Facilitator mit aufgeklärten Entscheiderinnen und Entscheidern gemeinsam wissen, welche Steuerungs- und Beeinflussungsmöglichkeiten es im organisationalen Kontext überhaupt gibt, dann wird es weniger Bullshit-Beteiligungsprozesse geben und weniger Sozialexperimente ohne Sinn und Verstand. Das ist ein Gewinn für alle! Wenn mit der „
Metatheorie der Veränderung“ auch noch bewusster wird, dass sich die Güte einer Entscheidung immer erst in der Zukunft erweist und dass alles, was wir tun und entscheiden immer sowohl Licht- als auch Schattenseiten hat, also sowohl nutzt als auch schadet, dann wird mir wesentlicher wohler. Endlich können sich alle etwas mehr entspannen – auch die (wenn sie es wirklich durchdringen), die die Verantwortung tragen. Und all diese Phänomene und Effekte sind per se facilitativ. Denn „facilitieren“ (to facilitate) heißt
leicht und
gängig machen.
Die Humanisierung der Organisation
Organisationsklug und Mitglieds-schlau!
Und hier die Einladung. Zum allerersten Mal seit es die Lotsentage gibt haben wir unseren Gast bzw. unsere Gäste ein zweites Mal eingeladen. Wir waren so inspiriert und haben so wunderbares Feedback zu diesem Forum bekommen, dass wir nun Teil 2, also eine Fortsetzung der Erkundung planen. Der Arbeitstitel lautet:
„Organisationsklug und Mitglieds-schlau!“
Wie können wir Kommunikationswege, Programme und Verhaltensweisen so kultivieren, dass die Eigenlogiken des sozialen Systems (Organisation) und der psychischen Systeme (Mitglieder) zielgerichtet harmonisiert werden? Wie können soziale Technologien und Multiperspektivität genutzt werden, sowohl organisationsklug und zugleich mitgliedsschlau zu handeln und zu entscheiden?! Die Lotsentage 2025 finden statt vom 29.-30.6.25 im Seminarzentrum Grube Louise. Jetzt kannst Du dich anmelden!
Weiteres: Organisationsberatung